Ganz in der Nähe meines Wohnortes gibt es einen alten Rinderstall, der seit einigen Jahren als Spielort beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) genutzt wird. Gestern spielte dort die junge britische Pianistin Isata Kanneh-Mason Werke von Joseph Haydn, Fanny Mendelssohn, Robert Schumann und Frédéric Chopin.
Auf dem Weg nach zum Auto fragte mich eine Frau: „War der Hund auch mit im Konzert?“ Ja, natürlich, das ist ein Assistenzhund (es war sehr dunkel und die Kenndecke praktisch unsichtbar). „Ach so, dann ist der speziell dafür ausgebildet, oder?“ Ja, genau. Das war eine wunderbare kleine Begegnung. Keine unangenehmen Fragen, keine Blicke, nur Verständnis. Solche Begegnungen hatte ich an dem Abend oft. Menschen, die Rücksicht nahmen, versuchten, nicht auf Mias Schwanz oder Pfoten zu treten.
Im Vorfeld hatten wir bei den Organisator*innen des SHMF angerufen und mitgeteilt, das wir das Konzert gerne mit Assistenzhund besuchen würden. Man war sehr entgegenkommend, es gab keine Probleme. Es wurde nur darum gebeten, dass wir die Plätze so wählen, dass genügend Platz für Mia ist. Das war für uns sowieso selbstverständlich. Außerdem sollten wir das für jedes Konzert ankündigen.
Am Abend des Konzertes waren alle Mitarbeiter*innen zu uns genau so freundlich wie zu allen anderen. Auf den Hund wurde ich von ihnen nicht einmal angesprochen. Das war großartig. Es war das normalste der Welt, dass ich da mit Mia reingegangen bin.
Das Publikum war leider von uns fasziniert. Die weit überwiegende Mehrheit der Menschen war etwa 50 bis 80 Jahre alt und hatte scheinbar noch nie einen Hund gesehen. Wir wurden von allen Seiten angestarrt. Aber immerhin hat niemand Fotos gemacht. Eine ältere Dame fragte, was denn ein Assistenzhund sei, als ich ihr aber eine Visitenkarte anbot, weil ich gerade keine ausschweifende Antwort geben wollte, sagte sie pikiert, das könne ihr ja ihr Mann erklären. Na dann. Ich will mich ja nicht aufdrängen…
Das Konzert war allerdings großartig. Isata Kanneh-Mason spielte leicht und gleichzeitig kraftvoll. Sie schien in einem sehr intimen Dialog mit dem Flügel zu sein, während sie auf dem Hocker tanzte und die Musik lebte. Jeder Ton war kontrolliert und gleichzeitig frei. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben.
Mia fand es jedenfalls auch ganz gut, die hat fast die ganze Zeit geschlafen.
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